Aktuelles | 11. Oktober 2017

Trendumkehr in den vorläufigen Entgelten?

Es ist wieder so weit: der 15. Oktober naht und die Branche erwartet mit Spannung, mit welchen Fremdkosten im folgenden Jahr im leitungsgebundenen Energievertrieb kalkuliert werden muss. Bis zu diesem Tag müssen die Verteilnetzbetreiber ihre (vorläufigen) Entgelte veröffentlichen, zusätzlich geben die Übertragungs­netz­betreiber die Höhe der gesetzlichen Umlagen und Abgaben bekannt.

Nach­dem die Ent­wick­lung der Strom­netz­ent­gel­te in den ver­gan­ge­nen Jah­ren nur eine Rich­tung kann­te, deu­tet sich für 2018 eine über­ra­schen­de Trend­wen­de an. Unab­hän­gig vom Abnah­me­fall schei­nen die Durch­lei­tungs­kos­ten nach dem jet­zi­gen Stand durch­weg zu sin­ken. Bis­lang wur­den die Ent­gel­te für 8.438 Post­leit­zahl-Ort-Netz-Kom­bi­na­tio­nen und somit 58,3 Pro­zent der bun­des­deut­schen Flä­che ver­öf­fent­licht und in der ene't Daten­bank Netz­nut­zung Strom abge­bil­det. Ein Sin­gle­haus­halt mit einem Jah­res­ver­brauch von 1.500 kWh wird dem­nach mit ‑3,4 Pro­zent noch am wenigs­ten ent­las­tet und zahlt im nächs­ten Jahr durch­schnitt­lich 164,93 Euro Durch­lei­tungs­ge­büh­ren. Deut­li­cher pro­fi­tiert ein Fami­li­en­haus­halt mit 4.000 kWh Ver­brauch von Sen­kun­gen (-6,8 Pro­zent auf 324,45 Euro). Ein Gewer­be­be­trieb mit 40.000 kWh ohne Leis­tungs­mes­sung spart nach jet­zi­gen Stand sogar 9,7 Pro­zent und muss 2018 durch­schnitt­lich 2.621,57 Euro ent­rich­ten. Auch höhe­re Ver­bräu­che in der Leis­tungs­mes­sung wer­den ent­las­tet, unab­hän­gig von der Benut­zungs­dau­er wer­den für 100.000 kWh rund 7 Pro­zent weni­ger fäl­lig, für 400.000 kWh redu­zie­ren sich die Ent­gel­te um etwas über 5 Prozent.

Ver­än­de­rung der Netz­nut­zungs­ent­gel­te Strom 2018 (vor­läu­fig) in Pro­zent
Abnah­me­fall: Haus­halt, Nie­der­span­nung, SLP, 2.900 kWh Jahresverbrauch

Die­se Ent­wick­lung ist inso­fern über­ra­schend, als drei der vier Über­tra­gungs­netz­be­trei­ber bereits Ende Sep­tem­ber stei­gen­de Ent­gel­te ver­öf­fent­licht hat­ten, die übli­cher­wei­se auf die Ver­teil­netz­ebe­ne gewälzt wer­den. Doch die bis­lang ver­öf­fent­lich­ten Ver­teil­netz­ent­gel­te kor­re­lie­ren nicht grund­sätz­lich mit der Ent­wick­lung in den Regel­zo­nen. Zwar zei­gen sich erwar­tungs­ge­mäß die stärks­ten Sen­kun­gen im Regel­ge­biet der 50Hertz Trans­mis­si­on, die Ende Sep­tem­ber dank fort­schrei­ten­dem Netz­aus­bau um 11 Pro­zent sin­ken­de Ent­gel­te ver­kün­de­te. Doch sind die bis­lang stärks­ten Anhe­bun­gen im Ver­teil­netz in Baden-Würt­tem­berg zu ver­zeich­nen, obwohl die vor­ge­la­ger­ten Ent­gel­te im Bereich von Ampri­on deut­lich stär­ker stei­gen als bei Trans­netBW. Zudem gibt es auch in der Regel­zo­ne von Ten­neT TSO flä­chen­de­cken­de Sen­kun­gen, obwohl die Trans­port­kos­ten um rund 9 Pro­zent stei­gen sollen.

Am Bei­spiel eines durch­schnitt­li­chen wech­sel­wil­li­gen Haus­halts mit einem Ver­brauch von 2.900 kWh im Jahr (Wert für 2015 lt. Moni­to­ring­be­richt der Bun­des­netz­agen­tur) wer­den nach jet­zi­gem Stand 2018 rund 8,8 ct/​kWh spe­zi­fi­scher Arbeits­preis und damit 6 Pro­zent gerin­ge­re Ent­gel­te fäl­lig (Wer­te nach Netz­grö­ße gewich­tet). Star­ke Sen­kun­gen neh­men dem­nach die E.DIS Netz (-18,3 Pro­zent), weser­netz Bre­men (-16,9 Pro­zent) und TEN Thü­rin­ger Ener­gie­net­ze (-9,7 Pro­zent) vor. Wei­te­re nen­nens­wer­te Sen­kun­gen fin­den sich bei Bay­ern­werk Netz (-7,5 Pro­zent), Ava­con (-7,3 Pro­zent), WEMAG Netz (-6,7 Pro­zent) und LEW Ver­teil­netz (-6,3 Prozent).

Teils star­ke Auf­schlä­ge erwar­ten den Mus­ter­haus­halt dage­gen in den Net­zen der KWH Netz (+13,1 Pro­zent), Net­ze BW (+10 Pro­zent), Ener­vie (+6,6 Pro­zent) und West­netz (+2,5 Pro­zent). Ins­ge­samt liegt der Anteil der erfass­ten Postor­te mit sin­ken­den Ent­gel­ten jedoch bei über 70 Prozent.

Es bleibt span­nend, ob sich die­ser Trend in den fol­gen­den Ver­öf­fent­li­chun­gen bestä­tigt und auch noch zum Jah­res­wech­sel in den end­gül­ti­gen Ent­gel­ten nie­der­schlägt. Auch die Ent­wick­lung der gesetz­li­chen Umla­gen dürf­te auf gro­ßes Inter­es­se sto­ßen. Der Think­tank Ago­ra Ener­gie­wen­de hat­te schon Ende Sep­tem­ber eine Pro­gno­se für die EEG-Umla­ge gewagt, die 2018 bei leicht redu­zier­ten 6,74 ct/​kWh lie­gen könn­te. Der Bun­des­ver­band Erneu­er­ba­re Ener­gie (BEE) schätz­te die Höhe ges­tern mit 6,71 ct/​kWh sehr ähn­lich ein.

Soll­ten sich die­se Trends bestä­ti­gen, könn­te dies 2018 eine deut­li­che Wett­be­werbs­be­le­bung auf dem ohne­hin umkämpf­ten Strom­markt aus­lö­sen. Die Fra­ge wird sein, ob Strom­ver­trie­be den sin­ken­den Fremd­kosten­komplex an ihre Kun­den durch­rei­chen wer­den, und nicht zuletzt, wie sich die Beschaf­fungs­prei­se an der Bör­se wei­ter ent­wi­ckeln werden.

Ob sich in den Ver­teil­netz­ent­gel­ten im Gas mög­li­cher­wei­se ein ähn­li­cher Trend abzeich­net, erfah­ren Sie in unse­rem News­let­ter in der nächs­ten Woche.

Metho­dik: Alle Prei­se ver­ste­hen sich net­to. Der durch­schnitt­li­che spe­zi­fi­sche Arbeits­preis der Netz­ent­gel­te wur­de nach Netz­grö­ße (Anzahl der ange­schlos­se­nen Postor­te) gewich­tet. In den Berech­nun­gen wur­den nur Netz­be­trei­ber berück­sich­tigt, die bereits ein vor­läu­fi­ges Ent­gelt für 2018 bekannt gege­ben haben. Der spe­zi­fi­sche Kilo­watt­stun­den­preis setzt sich zusam­men aus den Netz­kos­ten (Arbeits­preis + auf die Jah­res­ar­beit umge­leg­ter Grund­preis) und den Kos­ten für das Mess­sys­tem (Ein­ta­rif Drehstromzähler).

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